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Sicherheitsverwahrung

 
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Malti



Anmeldungsdatum: 19.08.2004
Beiträge: 895
Wohnort: Köln

BeitragVerfasst am: Fr Nov 19, 2004 12:13 pm    Titel: Sicherheitsverwahrung Antworten mit Zitat

Folgende Meldung geht zur Zeit über den Äther :

Karlsruhe: Sicherungsverwahrung muss regelmäßig überprüft werden

Die Sicherungsverwahrung von Straftätern muss laut Bundesverfassungsgericht spätestens alle zwei Jahre überprüft werden.

Sicherungsverwahrung bedeutet, dass gefährliche Straftäter auch nach Verbüßung ihrer Haftstrafe weiter im Gefängnis bleiben müssen. Fristüberschreitungen bei der Überprüfung können die zuständigen Gerichte nicht damit rechtfertigen, sie seien überlastet. Mit dieser Entscheidung gab das höchste deutsche Gericht einem mehrfach wegen Sexualstraftaten verurteilten Mann Recht. In seinem Fall war die im August 2002 angeordnete Sicherungsverwahrung nicht rechtzeitig überprüft worden. Weil die Frist aber lediglich um drei Monate überschritten ist, bleibt er in Haft.
(( 2 BvR 2004/04 ))


Die Pressemitteilung dazu :

Bundesverfassungsgericht - Pressestelle -

Pressemitteilung Nr. 102/2004 vom 19. November 2004

Dazu Beschluss vom 16. November 2004 - 2 BvR 2004/04 -

---Zur regelmäßigen Überprüfung der Sicherungsverwahrung---

Die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat der
Verfassungsbeschwerde (Vb) eines Beschwerdeführers (Bf), der sich gegen
das Überschreiten der Zweijahresfrist bei der turnusmäßigen Überprüfung
der Fortdauer der Sicherungsverwahrung wendet, stattgegeben und
festgestellt, daß die Fristüberschreitung das Grundrecht des Bf auf
Freiheit der Person (Art. 2 Absatz 2 Satz 2 GG) verletzt.

1. Zum Sachverhalt:
Der Bf wurde seit 1976 mehrfach wegen Körperverletzungen, sexueller
Nötigungen, Vergewaltigung und versuchter Vergewaltigungen verurteilt.
Seit 1993 befand er sich erneut in Untersuchungs- und Strafhaft. Seit
Januar 2001 wird die Sicherungsverwahrung vollzogen. Die
Strafvollstreckungskammer hat vor dem Ende des Vollzugs der
Freiheitsstrafe im August 2002 geprüft, ob die Unterbringung in der
Sicherungsverwahrung noch erforderlich ist. Über die Fortdauer der
Sicherungsverwahrung ist sodann jeweils vor dem Ablauf von zwei Jahren
zu entscheiden (§ 67 e Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 Strafgesetzbuch; StGB).
Die Überprüfungsentscheidung zum Ablauf der ersten zwei Jahre hat die
Strafvollstreckungskammer bislang nicht getroffen. Der Antrag des Bf
festzustellen, dass die Verzögerung der Entscheidung rechtswidrig sei,
blieb vor dem Landgericht (LG) und dem Oberlandesgericht (OLG)
erfolglos. Mit seiner dagegen gerichteten Vb hat der Bf den Antrag
verbunden, seine sofortige Freilassung einstweilen anzuordnen.

2. In den Gründen der Entscheidung heißt es:
LG und OLG haben das Grundrecht des Bf auf Freiheit der Person verletzt,
weil die Gerichte nicht innerhalb der gesetzlichen Frist geprüft haben,
ob die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung noch erforderlich ist.
Die Sicherungsverwahrung stellt einen erheblichen Eingriff in das
Freiheitsgrundrecht dar. Die Verhältnismäßigkeit dieses Eingriffs wird
durch verfahrensrechtliche Sicherungen und durch eine inhaltliche
Ausgestaltung des Vollzuges der Freiheitsentziehungen erreicht.
Verfahrensrechtlich muss gewährleistet sein, dass das
Vollstreckungsgericht die Notwendigkeit weiterer Maßregelvollstreckung
regelmäßig überprüft und dabei besonderen Anforderungen an die
Wahrheitserforschung gerecht wird. Die Vorschriften über die regelmäßige
Überprüfung der weiteren Vollstreckung der Sicherungsverwahrung, über
die dazu regelmäßig erforderliche Anhörung des Betroffenen und über die
zur Vorbereitung einer etwaigen Aussetzung gebotene sachverständige
Begutachtung dienen der Wahrung des Übermaßverbotes bei der Beschränkung
des Freiheitsgrundrechts. Ihre Missachtung kann dieses Grundrecht
verletzen, wenn es sich um eine nicht mehr vertretbare Fehlhaltung
gegenüber dem das Grundrecht sichernden Verfahrensrecht handelt, die auf
eine grundsätzlich unrichtige Anschauung von der Bedeutung des
Grundrechts schließen lässt.
Das LG hat die Zweijahresfrist in nicht mehr vertretbarer Weise
missachtet. Die Untätigkeit ist nicht zu rechtfertigen. Der
Geschäftsgang der Kammer muss in der Verantwortung entweder des
Vorsitzenden oder eines Berichterstatters eine Fristenkontrolle
vorsehen, die die Vorbereitung einer rechtzeitigen Entscheidung vor
Ablauf der Zweijahresfrist sicherstellt. Dabei muss berücksichtigt
werden, dass in aller Regel der Betroffene persönlich anzuhören ist und
dass auch für eine sachverständige Begutachtung ausreichend Zeit
verbleibt, wenn die Kammer eine Aussetzung der weiteren Vollstreckung
erwägen sollte. Die vorgesehene Entscheidungsfrist von zwei Jahren seit
der letzten Überprüfungsentscheidung lässt dafür ausreichend Raum.
Die Strafvollstreckungskammer hat den Bf mehr als zwei Monate nach
Fristablauf angehört. Selbst danach ist nicht zu erkennen, dass sie die
Angelegenheit wenigstens als eilbedürftig angesehen hätte, um die
Fristüberschreitung so gering wie möglich zu halten. Stattdessen wurde
die Entscheidung weiter hinausgezögert. Einem solchen Vorgehen hätte
unter bestimmten Voraussetzungen eine erneute Überprüfung innerhalb des
Zweijahresintervalls (§ 67e Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 StGB)
vorgezogen werden müssen.
Auch eine Überlastung der Strafvollstreckungskammer könnte nicht
verfangen. Die gesetzlich ausdrücklich vorgesehene Frist (§ 67e StGB)
ist einzuhalten. Gerät die Fristwahrung trotz vollständigen
Ausschöpfens der Arbeitskraft der beteiligten Richter in Gefahr, muss
sich der Vorsitzende der Strafvollstreckungskammer an das Präsidium des
Gerichts wenden, damit dieses, gegebenenfalls mit Unterstützung durch
die Landesjustizverwaltung, für Abhilfe sorgen kann. Der
Grundrechtsschutz der von langjähriger Freiheitsentziehung Betroffenen
erfordert auch Maßnahmen der Personalführung, die eine effiziente Arbeit
der Strafvollstreckungskammern sicherstellen.

Die Verletzung des Freiheitsgrundrechts des Bf durch die Untätigkeit der
Strafvollstreckungskammer bei der Überprüfung der weiteren Fortdauer der
Sicherungsverwahrung führt nicht zu dessen Freilassung. Das mit dem
Maßregelvollzug verfolgte Sicherungsbedürfnis der Allgemeinheit vor zu
erwartenden erheblichen Rechtsgutverletzungen tritt noch nicht zurück,
wenn das grundrechtlich gebotene Verfahren erst um einige Monate
verzögert wurde.


Beschluss vom 16. November 2004 – 2 BvR 2004/04 –

Karlsruhe, den 19. November 2004
_________________
"Ich verachte die kleinlichen Seelen, die, weil sie die Wirkung der Dinge zu weit voraussehen, nichts zu unternehmen wagen."
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