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Adventskalender 2010

"Making Of": Andy HS104/204 V2A
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Andy58



Anmeldungsdatum: 23.07.2006
Beiträge: 3626
Wohnort: München

BeitragVerfasst am: Mi Aug 08, 2007 11:42 pm    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo,
die Schweißarbeiten haben begonnen. Schweißen ist nicht ganz ungefährlich, der Lichtbogen ist extrem hell und hat auch einen extrem starken UV-Anteil (bei meinem Praktikum hatte ich vom bloßen Zugucken über ca. 1 Stunde an einer nicht abgedeckten Stelle am Hals, wo das Schutzschild nicht hinreichte einen Sonnenbrand gehabt!). Außerdem spritzen glühend heiße Metallspritzer (ca. 2000°, bis zu Tropfengröße) durch die Gegend. Arbeitsschutz ist unverzichtbar, Schutzkleidung sehr empfehlenswert. Absolut Pflicht ist daher ein Schweißerschutzschild und Schweißerhandschuhe, sehr empfehlenswert aber auch Schutzkleidung. Man kann dabei auch so manchen Fetisch ausleben, ich meine, es gibt wohl auch so einen "Industrial-Fetisch" Embarassed Rolling Eyes


(1152 x 1536, 82 KB)


Unter der Treppe gibt es eine Ecke, die ich als Schweißplatz eingerichtet habe:


(1536 x 1152, 170 KB)


Die Masseleitung ist am Schraubstock angeschlossen, so daß es genügt, das Werkstück einzuspannen und die Masseelektrode nicht das Werkstück zerkratzt. Das Schweißgerät ist ein sog. Inverter, ein elektronisches Schweißgerät, das mit Gleichstrom schweißt. Damit schweißt es sich leichter als mit einem herkömmlichen Wechselstromgerät, außerdem ist die Leistungsaufnahme kleiner und bei Kurzschluß steigt sie praktisch auch nicht weiter an, so daß kaum Gefahr bestelt, daß ständig die Sicherung rausfliegt. Auch sehr praktisch: das Automatikschweißerschutzschild, eine Solarzelle sorgt dafür, daß das Sichtfenster erst dann dunkel wird, wenn der Lichtbogen gezündet hat. So kann ich auch vor dem Zünden schon etwas sehen, für einen Anfänger im Schweißen wie mich ist das extrem hilfreich...

Die ersten Versuche waren aber sehr frustrierend, ich bekam ums Verrecken den Lichtbogen nicht gezündet. Entweder es passierte gar nichts oder die Elektrode blieb am Werkstück kleben und machte Kurzschluß. Dann erinnerte ich mich an ein Posting von jemanden in diesem Thread, daß es besser geht, wenn man die Elektroden vorwärmt. Also habe ich die Elektrode mit einer Heißluftpistole (ganz links auf dem Tisch) heiß gemacht. Etwas besser war es schon, nun spratzelte es zumindest etwas - ein Lichtbogen wollte aber immernoch nicht so richtig kommen. Also habe ich beim nächsten Versuch Werkstück und Elektrode zusammen heiß gemacht und dann ging es plötzlich ziemlich leicht.

Zunächst habe ich innen die Nöpel angeschweißt, die habe ich mit einer Schraube fixiert, wo später die Madenschraube hinkommt. So sitzen die Nöpel gleich an der richtigen Stelle. Die 8 Nöpel waren in ca. 1 Stunde dran. Als nächstes waren die umgearbeiteten Unterlegscheiben dran, die das Lager für die Drehriegel bilden. Und wieder gab es Probleme, der Lichtbogen wollte nicht zünden und als er endlich doch einmal losging, habe ich beinahe ein Loch in den Schloßkörper gebrannt. Nach längerer Überlegung habe ich entschieden, daß das Werkstück noch nicht heiß genug vorgewärmt war. Also Heißluftpistole auf volle Leistung (über 600°) und rund eine Minute auf die Schweißstelle gehalten, ebenso die Elektrode dabei. Dann Heißluftpistole aus und Schweißgerät an und nun ließen sich auch die Scheiben relativ problemlos schweißen. Man darf dabei nicht vergessen, daß immer nur entweder die Heißluftpistole oder das Schweißgerät eingeschaltet ist, niemals beide gleichzeitig, sonst fliegt die Sicherung raus.

Danach habe ich die Scharnierstücke an die Schloßkörper geschweißt. Alle Teile sind nur mit einzelnen Schweißpunkten befestigt, da diese Schweißpunkte keine großen Belastungen aushalten müssen. Bei meinem Prototyp sind diese Punkte sogar nur weichgelötet (bei normalem Stahl geht das, bei Edelstahl nicht) und sind trotzdem stabil, da alle Lötungen nur auf Druck belastet werden.

Das bisherige Ergebnis kann man hier sehen: links frisch geschweißt, daneben sind die Schweißpunkte plan geschliffen. Rechts ist die Oberfläche wieder glatt geschliffen, ganz rechts ist der Abloyzylinder eingesetzt, damit man sieht, welche Teile der Oberfläche von außen nicht mehr sichtbar ist.


(1850 x 1000, 113 KB)


Für die 8 Schloßkörper habe ich nur 2 Tage gebraucht, wenn das so weiter geht, sind die Schellchen (3 Paar Handschellen und 1 Paar Fußschellen) sehr bald fertig Very Happy

Die beiden Käufer der Handschellen können also schon mal anfangen, das Geld zurecht zu legen Rolling Eyes
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Gruß
Andy

Leiter des Instituts für kulturhistorische Forschung, Fachbereich metallische Rückhalteeinrichtungen mit angeschlossener Manufaktur Wink
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Enris



Anmeldungsdatum: 31.08.2004
Beiträge: 6413
Wohnort: SWP

BeitragVerfasst am: Do Aug 09, 2007 7:13 am    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo Andy,

Andy58 hat folgendes geschrieben:
Man kann dabei auch so manchen Fetisch ausleben, ich meine, es gibt wohl auch so einen "Industrial-Fetisch" Embarassed Rolling Eyes

Interessant und immer wieder erstaunlich ist nicht allein der Inhalt, sondern auch dein sehr narrativer und lebendiger Stil Very Happy.

Viel Vergnügen
Enris
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dancingcane



Anmeldungsdatum: 11.05.2007
Beiträge: 3451
Wohnort: ca. 65km vor den Toren Hamburgs

BeitragVerfasst am: Do Aug 09, 2007 7:28 am    Titel: Antworten mit Zitat

Wenn der mit der Ritterrüstung am Körper fertig ist wird aus ihm noch so ein richtiger Heimwerker. Wink

Klasse kleine Ecke da, hätte ich auch gerne. Cool
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Geborener Hamburger, was sonst!!
Herr Doktor, ich bin pervers, ich sammel Handschellen!! Sad
UT 11-18+19+23
1. Knastbus UT 2015
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mike.muc



Anmeldungsdatum: 06.03.2006
Beiträge: 1929
Wohnort: München

BeitragVerfasst am: Do Aug 09, 2007 5:45 pm    Titel: Antworten mit Zitat

Andy58 hat folgendes geschrieben:
die Schweißarbeiten haben begonnen. ...

Wieder mal DANKE für den ausführlichen und zugleich kurzweiligen Bericht von den "Bauarbeiten".
Und nebenbei sogar noch einiges über's Schweissen gelernt. Smile

Zitat:
wenn das so weiter geht, sind die Schellchen (3 Paar Handschellen und 1 Paar Fußschellen) sehr bald fertig Very Happy

Uiii, was freu' ich mich!!!

Zitat:
Die beiden Käufer der Handschellen können also schon mal anfangen, das Geld zurecht zu legen Rolling Eyes

Liegt bereit! Cool
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Andy58



Anmeldungsdatum: 23.07.2006
Beiträge: 3626
Wohnort: München

BeitragVerfasst am: Do Aug 09, 2007 10:19 pm    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo,
weiter gehts.

An die geschweißten Schloßkörper habe ich die jeweiligen Bügel montiert, die Scharnierstifte aber nur gesteckt, da ich die Teile noch mehrmals auseinandernehmen muß. Außerdem fehlen noch die Deckel auf den Schloßkörpern, die kommen erst drauf, wenn die Stifte für die Ausziehsicherung in die Drehriegel eingesetzt sind. Aber die Zylinder mit den Riegeln sind eingesetzt.


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Zweck des Ganzen war, die Bügel genau passend auszurichten, so daß sie nicht seitlich verbogen sind und nicht genau in den Riegel gleiten. Erstaunlicherweise war aber kaum eine Korrektur nötig, die Bügel paßten sehr gut.

Danach habe ich die Blöcke für die Wirbel angeschweißt. Im Gegensatz zu den kleinen Schweißpunkten im relativ dünnen Material (ca. 1.5mm) beträgt hier die Materialstärke 5mm und die Schweißnähte müssen auch richtig was aushalten. Diese Schweißnähte wurde deshalb mit der dickeren Elektrode geschweißt, auch mit 60A statt 30A bei den kleinen Schweißpunkten. Seltsamerweise brauchte ich diesmal keine Vorwärmung mit der Heißluftpistole, was mir einige Zeit erspart hat.

Spannend ist nun, ob die Schweißnähte auch halten. Dazu habe ich die Schellen wieder montiert, auch die Wirbel habe ich provisorisch eingesetzt, die werden auch durch Stifte gehalten. Und dann kam ein Test ähnlich wie der Festigkeitstest nach der NIJ-Richtlinie:


(1536 x 1152, 324 KB)


Die beiden Wirbel habe ich mit einem Vorhängeschloß verbunden und dann die Schellen in meine Biegevorrichtung eingehängt. Eine Schelle um einen BOlzen, die andere mit einer Kette mit dem anderen Bolzen und einem weiteren Vorhängeschloß verbunden. Die Biegevorrichtung diente mir hier als Hebel, die Hebelübersetzung vervielfacht die Kraft um etwa den Faktor 14. Gezogen habe ich mit einer Federwaage, die bis 25kp reicht. Für den Belastungstest habe ich diesen Bereich voll ausgereizt, so daß die Schellen selbst mit ca. 3500N = 350kp belastet wurden. Das ist mehr als die 2200N, die die NIJ-Richtlinie vorsieht. Alle Schellchen haben übrigens den Test auf Anhieb bestanden, alle Schweißnähte waren auf Anhieb fest genug. Auf dem Foto zeigt die Federwaage nur ca. 10kp, bei 25kp hätte ich nicht ohne Verwackeln die Kamera auslösen können...

Nur die Fußschellen sind bei max. Last mit lautem Knall aufgesprungen, zuerst dachte ich, die Schweißnaht wäre gerissen. Aber da hatte sich nur der Bügel etwas geweitet und ist über den Riegel gerutscht. Wenn später die Deckel auf den Schloßkörpern sind, kann das nicht mehr passieren, so daß das kein Problem darstellt.
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Gruß
Andy

Leiter des Instituts für kulturhistorische Forschung, Fachbereich metallische Rückhalteeinrichtungen mit angeschlossener Manufaktur Wink
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mike.muc



Anmeldungsdatum: 06.03.2006
Beiträge: 1929
Wohnort: München

BeitragVerfasst am: Fr Aug 10, 2007 7:14 pm    Titel: Antworten mit Zitat

Andy58 hat folgendes geschrieben:
... die andere mit einer Kette mit dem anderen Bolzen und einem weiteren Vorhängeschloß verbunden. ...

Hey, *das* Vorhängeschloß kenne ich! Very Happy
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EdelStahl



Anmeldungsdatum: 25.03.2006
Beiträge: 245
Wohnort: München

BeitragVerfasst am: Sa Aug 11, 2007 7:08 am    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo,

Andy58 hat folgendes geschrieben:
Hallo,
Unter der Treppe gibt es eine Ecke, die ich als Schweißplatz eingerichtet habe:


(1536 x 1152, 170 KB)



brandgefährlich - im Wortsinn! Karton, "Gerümpel" und Holz hinten im Eck - wenn da mal ein vorwitziger Spritzer reinfällt, dann viel Spass. Man kommt noch nicht einmal sofort und leicht ran, um ein kl. Flämmchen zu löschen, bevor´s eine Flamme und dann ein Feuer wird....

Hast du wenigstens einen Schaum- oder Wasserfeuerlöscher (oder notfalls einen gr. Eimer Wasser) stets griffbereit?

Gruß

Edelstahl
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Andy58



Anmeldungsdatum: 23.07.2006
Beiträge: 3626
Wohnort: München

BeitragVerfasst am: Sa Aug 11, 2007 10:28 am    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo,
Feuerlöscher ist vorhanden und die Pappkartons waren nur zum Zeitpunkt des Fotos noch da, das schon vor längerer Zeit aufgenommen wurde. Das Holz scheint wenig beeindruckt zu sein, dazu sind die Spritzer wohl noch zu klein (der größte, der ca. 1cm neben der Schweißstelle mal auf dem Werkstück landete war <1mm, weiter weg noch deutlich kleiner). Ich schweiße ja nur kleine Punkte und immer nur wenige Sekunden und nicht größere Objekte, deshalb gibt es auch keine Belüftungsprobleme, offene Fenster reichen aus, um nicht einmal Geruch zu hinterlassen. Außerdem ist der Weg bis zum Holz relativ weit, so daß die Spritzer bis dahin schon etwas abgekühlt sind. Die Platten direkt neben dem Tisch sind jedenfalls auch nicht mehr da. Wenn ich mich recht erinnere, waren die Arbeitstische bei meinem Praktikum beim Schweißen auch aus Holz - voller Löcher, aber nicht in Feuer aufgegangen. Und dort wurde in größeren Dimensionen geschweißt.

Sollten noch mehr Schweißarbeiten anfallen (wenn noch mehr Schellchen produziert werden sollten...) denke ich über weitere Blechplatten zur lückenlosen Abdeckung des Bereiches nach, zum Teil war das bereits jetzt der Fall, jedoch nicht auf dem Foto zu sehen.

Außerdem, dies ist keine Anleitung, das selber zuhause nachzumachen, sondern nur ein Bericht, auch die anderen Arbeiten bergen Gefahren (z.B. absolut niemals ohne Schutzbrille schleifen, Handhabung von Drehbank und Fräse usw.).
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Gruß
Andy

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mike.muc



Anmeldungsdatum: 06.03.2006
Beiträge: 1929
Wohnort: München

BeitragVerfasst am: Sa Aug 11, 2007 12:31 pm    Titel: Antworten mit Zitat

Andy58 hat folgendes geschrieben:
Außerdem, dies ist keine Anleitung, das selber zuhause nachzumachen, sondern nur ein Bericht, auch die anderen Arbeiten bergen Gefahren (z.B. absolut niemals ohne Schutzbrille schleifen, Handhabung von Drehbank und Fräse usw.).

Hmm ... ich denke, das sollte wohl jedem klar sein.

Aber vielleicht solltest Du sicherheitshalber in Zukunft ein Wasserzeichen o.ä. über Deine Bilder legen:

KIDS, DON'T TRY THIS AT HOME!

Wink

Nicht dass uni womöglich noch Ärger bekommt... Shocked
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EdelStahl



Anmeldungsdatum: 25.03.2006
Beiträge: 245
Wohnort: München

BeitragVerfasst am: Sa Aug 11, 2007 11:19 pm    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo,

Andy58 hat folgendes geschrieben:

Feuerlöscher ist vorhanden


brav!

Zitat:

da. Wenn ich mich recht erinnere, waren die Arbeitstische bei meinem Praktikum beim Schweißen auch aus Holz - voller Löcher, aber nicht in Feuer aufgegangen. Und dort wurde in größeren Dimensionen geschweißt.


Na, bei Holz braucht es schon ein bischen Energie, um das zu entzünden, stimmt. Aber die Pappkartons (die ja nimmer da sind) fackeln sehr schnell und die liefern dann die Energie, die auch Holz zum Brennen bringt. (drum nimmt man zum Anzünden von Feuer ja auch so oft als "Anheizer" Papier oder Pappe...)


Zitat:

Sollten noch mehr Schweißarbeiten anfallen (wenn noch mehr Schellchen produziert werden sollten...) denke ich über weitere Blechplatten zur lückenlosen Abdeckung des Bereiches nach,


Vielleicht solltest du dann gleich über ´ne eigene Werkstatt (also so ´ne Richtige) nachdenken Wink

Gruß

EdelStahl
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Andy58



Anmeldungsdatum: 23.07.2006
Beiträge: 3626
Wohnort: München

BeitragVerfasst am: Sa Aug 11, 2007 11:57 pm    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo,
das mit der geringen Masse bei Holz habe ich genauso überlegt. Ein Tropfen mit ca. 1mm Durchmesser dürfte ca. 5-10mg (0.005-0.01g) wiegen. Selbst, wenn der 2000° heiß ist, ist die Wärmeenergie etwa so groß wie ein Fingerhut Wasser, der 10° angewärmt wurde. Pappe ist kritisch, weil die Pappe auch praktisch kaum Wärme leitet, so daß so ein Tropfen den Auftreffpunkt evtl. wirklich bis zum Entzünden anheizen kann.

Was die richtige Werkstatt angeht: nichts lieber würde ich tun als einen eigenen Werkstattraum einzurichten. Aber leider ist in der Wohnung dafür keine Gelegenheit und ein Kellerraum nicht vorhanden. Also muß ich Kompromisse schließen. Und anmieten kommt nicht in Frage, soviel wird der Bau niemals wieder abwerfen, selbst wenn sich noch etliche (vielleicht 10-20) Kunden finden sollten. Sollte es doch mal weitere Exemplare geben, würden die eher so bei ca. 500 Euro angesiedelt sein, wenn ich Arbeitszeit, Verbrauchsmaterial (fast 30 Kobaldbohrer, ca. 50 Trennscheiben, weitere Schleifmittel, einen Satz Drehstähle usw.) und Kosten für Fremdfertigung der arbeitsaufwendigsten Teile einkalkuliere. Und selbst dann ist es nur ein kleiner Nebenverdienst, der keine gemietete Werstatt finanzieren würde.

P.S.: die Käufer der Seriennummern 2 und 3 müssen nicht erschrecken, für die bleibt es beim ursprünglichen Preis, der deckt zumindest die Material- und Verbrauchskosten und einen kleinen Rest, so daß ich für meine Exemplare "nur" die Arbeitszeit investiert habe (davon aber sehr viel Shocked ).
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Gruß
Andy

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Andy58



Anmeldungsdatum: 23.07.2006
Beiträge: 3626
Wohnort: München

BeitragVerfasst am: So Aug 12, 2007 9:36 pm    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo,
inzwischen sind die Schloßkörper fast fertig.

Zuerst wurde die Ausziehsicherung der Zylinder eingesetzt, so daß man den Zylinder nur ausbauen kann, wenn er aufgeschlossen ist. In dem Drehriegel ist ein kurzer Stift eingesetzt, der das Durchziehen des Riegels nur in senkrechter Stellung zuläßt:


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Zuerst habe ich mit Filzstift die Position angezeichnet. Dann mußte ich quer in die Riegel ein 2mm-Loch etwa 4mm tief hinein bohren. Ankörnen reicht auf dem runden Riegel allerdings nicht mehr, da würde der Bohrer bein Anbohren "weglaufen". Deshalb habe ich mit einem kleinen Kugelfräser die Position des Loches markiert. Bei 7 Riegeln ging das auch relativ gut, beim achten, einem langen für eine Fußschelle, war das Material so extrem hart (war wohl beim Fräsen zu heiß geworden), daß mir der Bohrer abbrach Evil or Very Mad

In die 7 anderen Löcher wurden dann 2mm-Stifte eingesetzt. Dazu habe ich die Enden der Stifte im Schraubstock etwas flach gepreßt und den Stift dann in die Löcher gepreßt. Durch die verformten Enden verklemmen sich die Stifte und müssen deshalb nicht angeschweißt werden. In das achte Loch konnte ich aber keinen Stift mehr einsetzen, da dort noch die abgevrochene Bohrerspitze saß. Bevor ich einen neuen Riegel anfertige, habe ich stattdessen einen anderen Weg versucht. Dazu habe ich dort, wo der Stift hin soll, einen Schweißpunkte gesetzt und den anschließend zurechtgeschliffen, so daß er die Rolle des Stiftes übernimmt. Und es hat funktioniert, so daß mir eine Neuanfertigung des Riegels erspart blieb.

Anschließend mußten noch die Deckel auf die Schloßkörper geschweißt werden. Meine ursprüngliche verwegene Idee war, die Schweißpunkte innen zu setzen, also mit der Elektrode durch die Öffnung zu reichen. Aber ich habe schon gleich vermutet, daß das wohl kaum klappen wird. Und was soll ich sagen - es klappte tatsächlich nicht. Also habe ich je zwei Schweißpunkte außen gesetzt. Die Folge ist nun zusätzliche Arbeit, um diese Schweißpunkte wieder einigermaßen glatt zu schleifen:


(1536 x 1152, 93 KB)


Auf dem Bild sind links die rohen Schweißpunkte zu sehen, daneben die Punkte möglichst glatt geschliffen und rechts schließlich mit feinem Schleifpapier alles geglättet und poliert - soweit möglich.

Der rechte Schloßkörper ist damit komplett fertig, die anderen müssen teilweise noch geschliffen und poliert werden. Da auch die Bügel schon komplett fertig sind, müssen dann noch die Wirbel mit Ringen bzw. einer Kette verbunden werden und zum Schluß die Scharnierstifte und die Stifte für die Wirbel eingesetzt und mit Schweißpunkten fixiert werden. Die Holzschatullen sind übrigens schon fertig, zumindest für die Handschellen.
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Gruß
Andy

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Andy58



Anmeldungsdatum: 23.07.2006
Beiträge: 3626
Wohnort: München

BeitragVerfasst am: Mo Aug 13, 2007 11:15 pm    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo,
und es ging wieder weiter. Zunächst mußten noch alle Schloßkörper glatt geschliffen und poliert werden. Dann war es soweit: Schloßkörper und Bügel wurden mit einem Scharnierstift verbunden und der Stift auf einer Seite mit einem Schweißpunkt fixiert. Das ging relativ leicht, da die Stelle gut zugänglich war und ich auch mit der dickeren Elektrode bei 60A schweißen konnte. Wie ich schon früher feststellen konnte, geht das viel leichter als mit der dünnen Elektrode bei kleinerem Strom.

Schließlich habe ich drei V2A-Ringe aufgesägt, je zwei Wirbel eingehängt und wieder zugebogen und zugeschweißt. Ebenso wurden von einer V2A-Kette die äußeren Kettenglieder aufgesägt und dort je ein Wirbel eingehängt und die Kettenglieder ebenfalls zugeschweißt. Anschließend mußten recht mühsam die Schweißstellen einigermaßen glatt geschliffen werden, mühsam, weil das recht "fummelig" ist und die Innenseiten der Ringe und Kettenglieder schwer zugänglich sind.

Anschließend wurden die Wirbel mit Stiften in die Bügel eingesetzt, diese Stifte wurden dann ebenfalls mit Schweißpunkten fixiert. Damit waren die letzten Schweißarbeiten erledigt - und meine Bude ist nicht abgebrannt Wink Nun mußten die Schellen noch an den Schweißpunkten wieder glatt geschliffen werden, das hat dann doch recht lange gedauert, ist einfach viel Arbeit.

Zum Schluß kamen die Schellen noch einmal unter die Fräse und haben Seriennummern verpaßt bekommen, etwa im Stil der 5*7 Punktmatrixanzeigen.













Ach ja: es ist vollbracht!

Die Schellchen sind fertig! Hier mal ein Gruppenbild (ohne Dame):


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Hier die Seriennummern: Die Teile sind extrem rar, es gibt momentan nur 3 Paar Handschellen und ein Paar Fußschellen (ob es die allerallerletzten sind, steht noch nicht ganz fest...).


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Für die Handschellen gibt es wieder Holzschatullen. Diesmal habe ich die Schatullen anfertigen lassen, nur die "Inneneinrichtung" kam dann noch von mir dazu, ebenso der Verschluß:


(1536 x 1152, 94 KB)


Hier noch ein paar Ansichten der Hand- und Fußschellen:


(1536 x 1152, 87 KB)



(1536 x 1152, 93 KB)



(1536 x 1152, 76 KB)



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Was die "Trageeigenschaften" der Handschellen angeht, habe ich schon Erfahrungen mit meinem Prototyp in normalem Stahl. Jetzt gibt es aber keinerlei Probleme mehr mit Korrosion, wenn bei längerem Tragen Hautschweiß an die Schellen gekommen ist. Einfach abwischen und fertig. Dasselbe gilt auch für die Fußschellen. Deren Trageeigenschaften probiere ich gerade aus
Embarassed Rolling Eyes Sieht so aus, als ob die auch bequem sind, auch wenn sie einem beim Laufen behindern (Abstand Innenseiten der Schellen etwas über 30cm) Rolling Eyes
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Andy

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Enris



Anmeldungsdatum: 31.08.2004
Beiträge: 6413
Wohnort: SWP

BeitragVerfasst am: Di Aug 14, 2007 6:55 am    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo Andy,

Andy58 hat folgendes geschrieben:
es ist vollbracht!

Zum Werke, das wir ernst bereiten,
Geziemt sich wohl ein ernstes Wort;
Wenn gute Reden sie begleiten,
Dann fließt die Arbeit munter fort.
So laßt uns jetzt mit Fleiß betrachten,
Was durch die schwache Kraft entspringt,
Den schlechten Mann muß man verachten,
Der nie bedacht, was er vollbringt.
Das ist's ja, was den Menschen zieret,
Und dazu ward ihm der Verstand,
Daß er im innern Herzen spüret,
Was er erschafft mit seiner Hand.

aus: Friedrich Schiller, Das Lied von der Glocke

Super!


Viel Vergnügen
Enris
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mike.muc



Anmeldungsdatum: 06.03.2006
Beiträge: 1929
Wohnort: München

BeitragVerfasst am: Di Aug 14, 2007 6:21 pm    Titel: Antworten mit Zitat

Ich bin (fast) sprachlos...

Nur so viel: Hut ab!

Was freu ich mich auf Freitag!!! Very Happy Very Happy Very Happy
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